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Antwort auf das Posting von User Max Gmür vom 05.11.2014:
Sehr geehrter Herr Heinsohn, wie schätzen Sie die Gold Initiative ein (http://gold-initiative.ch/), über die das Schweizer Volk am 30. November abstimmen darf? Laut Medien hat sie überraschend viele Befürworter und geniesst auch im Ausland Sympathien.
 
Prof. Dr. Dr. Gunnar Heinsohn, Bremen am 05.11.2014 (Aktualisierung am 21.11.2014):

Von 1195 $ fällt am 19. November der globale Goldpreis auf 1175 $. Eine Umfragemehrheit der kleinen Schweiz will ihre Nationalbank nicht dazu zwingen, zwanzig Prozent ihrer Aktiva in Gold zu halten. Im Eidgenossen meldet sich dabei mehr vernünftige Ahnung als in tausend Pamphleten, die Gold als ökonomisches Heilmittel anpreisen.
Ein Vermögen an Rohgold, das aus sich heraus keinerlei Ertrag bringt, wird sinnvollerweise nur gehalten, wenn man es für eine Warenproduktion (Industrie, Schmuck etc.) benötigt, die bei plötzlichem Mangel oder hektischen Preissteigerungen des Rohstoffs geschäftsschädigend behindert würde. Die Verluste für Bewachung und Lagerung des Goldes werden dabei in Kauf genommen, weil die Kosten einer Produktionsstörung noch höher lägen.
Die Nachfrage nach Gold für die Warenproduktion sorgt dafür, dass sein Preis nicht auf Null fällt. Wird Gold, Platin oder Palladium zu diesem rein industriellen Nachfragepreis gehalten, macht das Sinn, weil es im Notfall schnell zu eben diesem Preis liquidiert oder als Pfand für Kredit aktiviert werden kann – egal, welche Währung gerade am besten umlaufsfähig ist.
Es bleibt allerdings der Nachteil industrieller Edelmetalle gegenüber ebenfalls schnell liquidierbaren Titeln wie etwa Triple-A-Industrie- oder Staatsanleihen, weil die zumeist einen Ertrag bringen und weniger Tresorkosten verursachen.
Die meisten Vermögen an Rohgold allerdings werden nicht für das Funktionieren von Unternehmen, sondern durch Leute erworben, die Gold als ein von der Natur ganz persönlich der Menschheit bereitgestelltes Ur-Geld betrachten. Diese Käufer glauben an die neoklassische Lehre (mit über 80 Nobelpreisen) vom Geld als einem Gut zur Erleichterung des Tausches anderer Güter. Es ist dieser Glaube an ein irgendwann immer wieder nach vorne kommendes naturgutes Geld für ebenso natürliche Tauschbedürfnisse, der den Goldpreis über seinen industriellen Nachfragepreis treibt.
Dieser Urgeld-Glaube rührt teilweise aus der Angst, dass nach einer schweren Wirtschaftskrise keinerlei Vermögen mehr existieren, mit deren Eigentumsseiten eine neue Währung besichert werden kann. Diese Unruhe ist aber nur berechtigt, wenn Marxisten zur Eigentumsbeseitigung schreiten. Solche Leute aber werden Goldeigentum genauso beschlagnahmen wie alle anderen Vermögen auch. Wer es aber vor ihnen verstecken kann, hat beim Wiedereintritt in die Eigentumswirtschaft einen Rohstoff, für den dann wieder frei operierende Unternehmen den Marktpreis in einem Geld bezahlen, das mit erstklassigen Vermögenstiteln bei den Emissionsbanken sowie als Schuldnerfänder besichert ist und deshalb vom Eigenmaterial her gegen Nullkosten tendieren darf.
Der Urgeld-Glaube kann überdies auf die Erfahrung verweisen, dass etwa nach Kriegen mit Währungsverfall die Bauern Speckseiten und Schnaps zwar gegen Goldringe oder Silberlöffel, aber nicht gegen Papiernoten hergeben. Das verrät keineswegs tiefere oder gar uralte Geldeinsichten der Landbevölkerung, aber doch ihre Zuversicht, dass nach Wiederherstellung einer eigentumsgestützten Geldordnung diese Edelmetalle – zum Industriepreis – leichter zu Geld gemacht werden können als glasierte Tontöpfe oder bemalte Leinwände, die Städter für die dann so begehrten Lebensmittel ebenfalls anbieten. Deshalb soll man vom Silberbesteck, das keiner mehr putzen will, durchaus etliche Stücke im Hause behalten.
Gelingt nun der Gold=Naturgeld-Gemeinde das Hochtreiben seines Preises, nachdem eine Zentralbank es vorher zu einem niedrigeren Preis verkauft hat, stehen die Verantwortlichen als Trottel da. Es ist nachvollziehbar, dass dann eine „Gold-Initiative“ solche Verluste für die Zukunft verhindern will. Vernünftig wäre an solcher Initiative aber lediglich die Forderung, das Gold zum Minimalpreis der Industrienachfrage auch dann in der Bilanz zu halten, wenn die Gläubigen seinen Spekulationspreis himmelnah treiben und die Verführung zur Bilanzverschönerung selbst von Zentralbankern heftig verspürt wird.
Folgt die Zentralbank-Bilanzierung der Spekulation und bucht ihre Goldbestände nicht nur hoch, sondern verkauft sie auch, bevor der Preis abstürzt, werden die Zuständigen als schlaue Füchse gefeiert. Verkaufen sie jedoch vor dem Preisgipfel, gelten sie als Vergeuder von Volksvermögen. Was also ist zu tun? Will man überhaupt Gold im Vermögen oder in den Reserven der Zentralbank fordern, dann darf dieses Verlangen sich nicht auf bestimmte Prozentsätze kaprizieren, sondern muss Bilanzierung nach dem Niederstwertprinzip beinhalten. Das ist Buchung zu einem für spekulationsfreie Phasen ermittelten Durchschnittspreis, zu dem jederzeit verlustfrei in Liquidität übergewechselt werden könnte, ohne dieses im Tagesgeschäft tatsächlich zu praktizieren. Kurzum, es ginge um eine Initiative gegen das zentralbankliche Mitspekulieren, wenn in Geldfragen ahnungslose Leute damit loslegen.