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Prof. Dr. Dr. Gunnar Heinsohn, Bremen am 29.10.2013:

Die Bekämpfung der Deflation, deren unkontrolliertes Zulassen Eigenkapitale quer über den Globus aus-löschen und für Kredit gestellte Pfänder entwerten, also die meisten Banken vertilgen würde, hat eine manipulative und eine hoffende Seite. Die manipulative Seite arbeitet mit:
1. Zinsnullung bei Zentralbankgeld (zuerst 1996 in Japan), was Käufe von Vermögenspositionen mit Er-trägen von – sagen wir – 4% profitabel macht, die bei einem Zentralbankzins von ebenfalls 4% nicht ge-kauft würden. Es geht also um das künstliche Schaffen von Märkten für das Treiben von Preisen. Ver-doppelt sich beispielsweise der Preis jener Vermögenspositionen, fällt ihr Ertrag zwar auf 2%, was aber bei einem Zins von 0,1% immer noch als märchenhaft empfunden werden darf.
2. „Forward guidance“ (zuerst 1999 in Japan), also das öffentliche Versprechen einer langjährigen Zinsnul-lung, damit beim Preistreiben auch sorglos mitgemacht, die Deflation also in Schach gehalten wird.
3. „Quantitative easing“ (zuerst 2001 in Japan), also das Ankaufen von Staatspapieren und Hypotheken durch Zentralbanken, damit deren Preis über Marktniveau bleibt, sie daraufhin auch von anderen Anlegern gekauft werden und so das Abstürzen der Eigenkapital- und Pfandpreise unterbleibt.
4. „Qualitative easing“, also das Akzeptieren zum Nennwert unverkäuflicher Papiere als Pfänder, für die Geschäftsbanken bei nationalen Zentralbanken frisches Geld in Nennwerthöhe erhalten (Spezialität der NZBs der Euro-Südschiene zwischen Paris und Athen).
Seit 2009 schickt man durch diese Maßnahmen rund 9 Billionen Dollar Liquidität auf Anlagesuche, also ins Preistreiben (Bank of America Merrill Lynch /Michael Harnett-Team). Das erfolgt jenseits des Lei-stungssektors aus Firmen und Arbeitskräften in dem Dreieck aus Regierungen, Zentralbanken und Ge-schäftsbanken.
Dieses Trio rechtfertigt ihr welthistorisch einmaliges Tun mit der hoffenden Seite der Deflationsbekämp-fung. Die setzt darauf, dass eines Tages der Leistungssektor Produktivität und Output so stark gestei-gert haben wird, dass die jetzt durch Manipulation geschwellten Preise aufgrund neuer „echter“ Werte auf der jetzigen Höhe auch dann verharren, wenn die Manipulationen aufhören.
Der Inflationswunsch hat sich durch Einsatz der 9 Billionen US-Dollar tatsächlich erfüllt. Die Deflation ist zumindest an Aktienmärkten unterblieben. Im knappen halben Jahrzehnt legt nämlich die globale Börsen-kapitalisierung um stolze 35 Billionen Dollar zu. Unerfüllt hingegen bleibt bislang die Hoffnung, dass der Leistungssektor unter dem Liquiditätsschirm nachziehen würde, also die künstlich erhöhten Preise auch ohne Hilfe manipulierter Märkte erzielt werden könnten. Denn die globale Wirtschaftsleistung legt in den fünf Jahren nicht um 35, sondern nur um 14 Billionen Dollar zu (Harnett).
Immer noch lauert eine Deflation, die das globale Preisniveau um eine zweistellige Billionensumme
drücken will und in der Panik noch weit mehr schaffen könnte. Ihre Stunde schlägt, wenn der Leistungs-sektor auch weiterhin das Preisniveau nicht mit entsprechenden Zuwächsen legitimieren kann. Dass ihm eben das unmöglich ist, zeigt die in den fünf Jahren sich immer weiter öffnende Schere zwischen Bör-senkapitalisierung (= Vermögenspreisinflation) und Umsätzen.
Da die hoffende Seite der Deflationsbekämpfung nur Enttäuschungen erlebt, muss ihre manipulative Seite weitergehen; denn die Angst vor den Auswirkungen des Runterpreisens von Eigenkapitalen und Pfändern ist schon vom Volumen her heute viel größer als 2009.