1.      Konzentration auf echte Prioritäten

Der Grundsatz der Konzentration ist im Management deshalb so wichtig, weil kaum ein anderer Beruf so stark und systematisch den Gefahren der Verzettelung und Zersplitterung der Kräfte ausgesetzt ist. 5 aktuelle „Baustellen“,  täglich 4 Sitzungen, 12 Mitarbeiter und einen „dynamischen“ Chef, und 6 Kolleginnen und Kollegen. Auch mit 16 Stunden plus Wochenende reicht die Zeit nicht immer …

Zwar gibt es diese Gefahren auch in anderen Berufen, jedoch sind sie nirgendwo sonst so institutionalisiert wie im Management, so »hof-fähig« und so missverstanden als Zeichen besonderer Dynamik, Bedeutung  und Leistungsorientierung.

Umgekehrt ist aber nichts so typisch für wirksame Führungskräfte,  wie ihre Fähigkeit, oder ihre Kunst oder am besten –  ihre handwerkliche Disziplin, sich auf Weniges, dafür aber wirklich Wichtiges zu konzentrieren.

 

Das Wort »Konzentration« allein genügt aber nicht. Das Entscheidende, wenn man an Wirkung und Erfolg will, ist die Beschränkung auf eine kleine Zahl von Schwerpunkten. Die Auswahl der Prioritäten erfordert Sorgfalt, Sachkenntnis, gründliches Durchdenken der Situation – und viel praktische Erfahrung. Mehr ist kaum erforderlich, aber ohne dies wird es kaum gehen.

Gelegentlich kommen Einwände, das Prinzip der Konzentration sei dort, wo man es mit komplexen und vernetzten Situationen zu tun hat, nicht anwendbar. Das Gegenteil ist der Fall. Gerade bei hoher Komplexität sind Konzentration und Fokussierung nötig. Das kann man studieren z. B. in der Herz- und Hirn-Chirurgie und auf den ganz anderen Gebiet der Controls des globalen Flugverkehrs.

Es ist also umgekehrt: Gerade, weil vieles so komplex, vernetzt und interaktiv ist, ist der Grundsatz der Fokussierung überhaupt erst wichtig. Früher war er das nicht – aus einem schlichten Grund: In einfachen Situationen wird dieser Grundsatz nicht gebraucht. Dort gibt es kaum Ablenkung, also ist der Grundsatz automatisch erfüllt. Weder der Bauer auf dem Feld, noch der Tischler in seiner Werkstatt und Arbeiter im Stahlwerk sind jenen Versuchungen der Verzettelung ausgesetzt gewesen, wie sie für die heutigen Organisationen so typisch sind.

Die Sachlage ist recht klar: Man kann sich zwar mit vielen verschiedenen Dingen beschäftigen – sogar gleichzeitig… Aber man kann nicht auf vielen verschiedenen Gebieten gleichzeitig erfolgreich sein. Daher muss man unterscheiden zwischen Arbeit und Leistung, zwischen der Beschäftigung mit etwas und echten Resultaten.

 

2.      Kräfte fokussieren statt verzetteln

Wo immer sich Wirkung, Erfolg und Ergebnis zeigen, kann man – abgesehen von Zufällen und Glück – auch beobachten, dass der Grundsatz der Konzentration auf Weniges eingehalten wurde. Fast alle Menschen, die in irgendeiner Weise durch ihre Leistungen bekannt oder gar berühmt geworden sind, haben sich auf eine Sache, eine Aufgabe, ein Herausforderung konzentriert. Das ging und geht oft bis zur Besessenheit, und vielleicht sogar des Krankhaften,  was ich nicht empfehle. Immer aber gilt: Konzentration auf eine Sache oder auf wenige Dinge ist der Schlüssel zu Ergebnissen.

Es ist schon der Schlüssel zum gewöhnlichen Ergebnis; ausnahmslos und ohne Kompromiss gilt das für das herausragende, außergewöhnliche Ergebnis, für die Spitzenleistung.

In der einigermaßen gut dokumentierten Geschichte gibt es nur zwei Personen, die vieles Verschiedenes – teilweise auch gleichzeitig – angepackt haben und trotzdem erfolgreich waren oder jedenfalls so angesehen werden: Es sind Leonardo da Vinci und Johann Wolfgang von Goethe. In beiden Fällen spricht aber vieles dafür, dass sie sich im Grunde verzettelten und dass sie viel mehr und Größeres hätten erreichen können, wenn sie sich etwas beschränkt und fokussiert hätten. Dass sie aber dennoch je ein großes Werk hinterlassen haben, ist ihrer unbestrittenen Ausnahmebegabung zuzuschreiben. Aber wer kann von sich schon behaupten,  in die Nähe von Leonardo oder Goethe zu kommen …?