Soll Arbeit Spass machen? Muss sie Spass machen, damit wir motiviert sind?
Zumeist werden diese Fragen heute mit Ja beantwortet. Aber was ist, wenn die Arbeit zumindest zeitweise keinen Spass macht? Ich habe Menschen kennengelernt, die beinahe depressiv wurden, weil ihre Erwartungen ganz auf Spass gerichtet waren.
So plausibel die Ja-Antwort klingt, so problematisch ist sie, denn sie wird in der Regel nicht als Wunsch, sondern immer öfter als Forderung und Anspruch verstanden.
Dieser Anspruch ist zu einer dominierenden Vorstellung geworden – vor allem durch bestimmte Arten von Managementbüchern und Managementtrainings –, mit fragwürdigen Auswirkungen. Denn dadurch sind Erwartungen entstanden, die von den meisten Organisationen auf Dauer kaum erfüllt werden können.
Die Forderung nach Spass gehört in die Kategorie von scheinbar plausiblen Überzeugungen. Tatsächlich erschwert sie aber eine realistische, dauerhaft wirksame Motivation von Mitarbeitenden – und macht diese zum Teil sogar unmöglich. Sie erreicht also das Gegenteil von dem, was sie anstrebt.
Sie setzt einen Teufelskreis in Gang: Die produzierten Erwartungen nach Spass werden durch die Tagesrealitäten nur zu oft enttäuscht, die Mitarbeiter sind daher frustriert. Darauf wird mit noch mehr Motivationsprogrammen und „motivierendem“ Verhalten ähnlicher Art geantwortet.
Von den Betroffenen wird das unter den gegebenen Umständen häufig als ein Versuch der Manipulation verstanden und unter besonders gravierenden Umständen von nicht wenigen auch als eine Form von Zynismus, weil die Arbeit selbst im Regelfall nur selten verändert wird oder verändert werden kann. Der Anspruch auf Spass an der Arbeit bleibt aber immer noch aufrecht.
Die Frustrationen werden dadurch nur grösser, weil die Menschen sich nun zusätzlich „verschaukelt“ fühlen. Ein Ausweg aus diesem Teufelskreis ist nicht leicht. Aber er ist durch den Mut zu einem neuen Realismus möglich.
Die Forderung, dass die Arbeit Spass machen soll, führt nicht nur zu unlösbaren Motivationsproblemen. Sie hat noch eine zweite, negative Folge. Sie lenkt von etwas viel Wichtigerem ab und zwar gerade von jenem Punkt, der die Lösung ermöglicht – nämlich von den Ergebnissen der Arbeit.
Sie richtet die Aufmerksamkeit der Menschen auf die Arbeit als solche, statt sie auf die Resultate ihrer Arbeit auszurichten. So wichtig die Arbeit ist, noch wichtiger ist die Leistung – nicht der Input, sondern der Output.
Die Forderung würde besser lauten: Die Ergebnisse der Arbeit sollen Freude machen. Schon die Änderung der Sprache von „Spass“ zu „Freude“ kann einen Bedeutungswechsel herbeiführen, der die Perspektive ändert. Die Resultate der Arbeit sollen den Menschen Befriedigung geben, sie wenn möglich stolz darauf machen und ihnen Sinn geben.
Auch dann, wenn die Arbeit selbst unter bestimmten Bedingungen nur selten Spass macht, so können doch deren Resultate Freude bereiten oder zumindest einen Anflug an Befriedigung verschaffen. Die Ergebnisse können mit berechtigtem Stolz verbunden sein und selbst bei Menschen, die Hilfsarbeiten verrichten, zu jenem Selbstrespekt führen, den vermutlich jeder Mensch braucht.