Das Abstimmungsergebnis könnte der Anlass für einen lange überfälligen tiefgreifenden Innovationsschub für die fundamentale Erneuerung der EU sein. Dabei meine ich nicht nur die Institutionen in Brüssel, sondern die historisch entstandenen, sich heute selbst blockierenden Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und der Brüsseler Verwaltung. Das Problem liegt nicht in Brüssel allein, wie man es gerne darstellt. Brüssel ist nur der Ort, wo die Entscheidungen fallen. Die Gründe für die Entscheidungen selbst liegen in den systemisch sich selbst blockierenden Beziehungen zwischen Brüssel und den Regierungen der Mitgliedsländer.
Das kybernetische Funktions-Modell lebensfähiger Systeme wäre das ideale Vorbild für die organisatorische Neugestaltung und für eine funktionierende Governance. Zusammen mit der Transformationskraft der breitflächigen Anwendung der Syntegrationsverfahren würden binnen kurzem die nötigen Wirkungen eintreten.
Mit grösserer Wahrscheinlichkeit wird es jedoch zahlreiche halbherzige und zum Teil faule Kompromisse geben, mit denen man die Konsequenzen des Brexit aushebeln und glattbügeln wird. Zu einem echten Austritt Englands aus der EU wird es kaum kommen.
Wenn die deflationären Zerfallskräfte sich nun beschleunigen, dann wird man die Ursachen im Brexit sehen. In Wahrheit sind sie die unvermeidlichen Folgen der jahrzehntelangen Aufschuldung so gut wie aller Länder. Die Fixierung auf den Brexit macht erneut blind für die wirklichen Ursachen einer lang anhaltenden Deflationsphase.