Meistern von Komplexität mit der „Engpasskonzentrierten Strategie“ – EKS

„Erfolg ist einzig und allein eine Frage der richtigen Strategie!“
Prof. h.c. Wolfgang Mewes

Die Engpasskonzentrierte Strategie (EKS) ist eine höchst wirksame Methode, um das Erfolgspotenzial eines Unternehmens maximal auszuschöpfen und Spitzenleistungen zu entwickeln. Das Meistern von Komplexität, die Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen und die Spezialisierung im Markt sind der Schlüssel für eine gelungene Erfolgsstrategie. „Das grosse 1 x 1 der Erfolgsstrategie“ gibt einen umfassenden Einblick in die von Systemforscher Prof. h.c. Wolfgang Mewes entwickelte Engpass-Konzentrierte Strategie (EKS). Sie zeigt, wie man die eigenen Wachstumsgrenzen und die Widerstände seines Umfeldes mithilfe der richtigen Strategie überwinden kann. Mit den gleichen Kräften und Mitteln lässt sich so ein Vielfaches an Wirkung erzielen.

Im Folgenden finden Sie als Buchauszug eine modifizierte Fassung von Prof. Maliks Kapitel in: Friedrich, Malik, Seiwert: Das grosse 1×1 der Erfolgsstrategie. EKS – Die Strategie für die neue Wirtschaft. 24. Ausgabe 2018 ab Seite 229:

Das wichtigste Merkmal für das Verstehen von Wirtschaft und Gesellschaft – und auch für die Bedeutung der EKS-Methodik – ist die Hyperkomplexität von vernetzten Systemen. Diese ist der Hauptgrund dafür, dass herkömmliche Denkweisen, Methoden und Instrumente – scheinbar grundlos – immer schneller unwirksam werden und zum Teil völlig versagen, obwohl sie doch „gestern noch funktionierten“. Tatsächlich scheitern sie an der Komplexität der heutigen Systeme, für die sie fast gänzlich untauglich geworden sind.

Als Konsequenz dessen sind Regierungen, Management und Führung mit neuen Fragen der Lenkung und Regulierung komplexer Systeme konfrontiert. Für diese gibt es zwar durchaus Antworten und für die drängenden Probleme auch erprobte Lösungen, die aus den modernen Komplexitätswissenschaften kommen. Ihre erfolgreiche Anwendung erfordert aber eine neue Denkweise, weshalb sie bisher noch bei zu wenigen Führungskräften ausreichend bekannt sind. Wo diese Lösungen jedoch bereits angewandt werden, erzielen sie sensationelle Resultate gemessen an Tempo und Zuverlässigkeit.

Die Organisationen aller gesellschaftlichen Ebenen sind räumlich und funktionell immer schwerer und oft gar nicht mehr fassbare komplexe, dynamische Systeme, die unter ständigem Wandel in Auseinandersetzung mit anderen, wiederum komplexen Systeme zu funktionieren haben, und mit diesen häufig immer stressbeladener zusammenarbeiten müssen. Als Folge dessen ist ein Prozess fortgesetzter Komplexifizierung in Gang gekommen, der die Komplexität exponentiell steigen lässt und in die Hyperkomplexität treibt. So leben wir irreversibel in einer undurchschaubaren Ökologie komplexer Systeme mit zahlreichen Bruchzonen und Instabilitätspotentialen. Die Brüche, die seit 2008 als Finanzkrise schlecht verstanden das Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit erfassen, sind nur einer von zahlreichen aktuellen und potentiellen Fällen.

Solche Systeme können aus prinzipiellen Gründen auch mit noch so grossen Computerkapazitäten nie wirklich verstanden und daher auch nicht mit den herkömmlichen Denkweisen und Methoden des 20. Jahrhunderts gesteuert werden. Komplexe, vernetzte Systeme brauchen für ihr Funktionieren neue, und das heisst kybernetisch fundierte, komplexitätsgerechte Strukturen und Prozesse und ein ebensolches neues Management.

Das Komplexitätszeitalter, wie ich es seit Längerem nenne, erfordert fundamental andere Lösungen auf Basis anderer Denkwerkzeuge, neue Methoden und Instrumente, andere Information und Kommunikation und vor allem verlässliches Wissen über die Naturgesetze des Funktionierens. Der neue “Rohstoff“, nämlich Komplexität, ist buchstäblich eine neue Form von Kapital, denn für zuverlässiges Arbeiten der gesellschaftlichen Institutionen, für gesundes Wohlstands-Wachstum und generell für eine funktionierende Gesellschaft werden Komplexität und komplexitätsgerechte Lenkungssysteme wichtiger sein als Kapital in Form von Geld.

Wegen der unablässig wuchernden Komplexität wird das 21. Jahrhundert radikaleren Wandel bringen, als die meisten sich vorstellen können. Die Bedingungen für tiefgrei­fende Umstrukturierungen, die ich in mehreren Büchern beschrieben habe, sind längst erfüllt. Die Hauptursache ist – scheinbar paradox – gerade der enorme Erfolg, der weltweit durch die herkömmliche Art westlichen Managements erzielt wurde. Dieses heute veraltete und irreversibel untaugliche Management war zu seiner Zeit so erfolgreich, dass es die als Folge entstandenen Systeme nun nicht mehr verstehen und nicht steuern kann, weil diese dafür zu komplex geworden sind. Mit den Denkweisen des 20. Jahrhunderts können die komple­xen Systeme des 21. Jahrhunderts nicht mehr gemanagt werden, eben weil sie durch diese hervorgebracht wurden. Wie Albert Einstein schon wusste: Probleme können nicht mit denselben Methoden gelöst werden, durch die sie entstanden sind …

Wer Komplexität nicht meistern kann, wird die Organisationen des 21. Jahrhunderts nicht verstehen und daher auch nicht gestalten und führen können.

Punktgenaue Stellhebel für den Erfolg

Der wirksame Umgang mit Komplexität benötigt zuvorderst eine komplexitätsgerechte Strategie, die sich durch ihre kybernetischen Eigenschaften grundlegend von herkömmlichen Planungsverfahren unterscheiden muss, weil sie explizit dafür konzipiert sein muss, auch dann noch zu funktionieren, wenn man wenig und im Extremfall gar keine handlungsleitende Information hat. Bei komplexen Systemen ist das immer der Fall, weil man weder ihr aktuelles Verhalten noch ihre Zukunft vorhersehen kann.

Überhaupt ist Strategie im eigentlichen Wortsinn erst in komplexen Situationen wirklich nötig, denn solange man es mit einfachen Bedingungen zu tun hat, genügen die herkömmlichen Planungsverfahren durchaus. Diese bezeichnet man zwar fälschlicherweise ebenfalls häufig als „strategisch“, aber im Umgang mit komplexen Systemen versagen sie regelmässig.

Die EKS hat ihre Anfänge in der Pionierzeit der Kybernetik, als man begann, deren enormes Potential insbesondere für das Unternehmens-Management nutzbar zu machen. Vordenker in England war der Begründer der Management-Kybernetik, Stafford Beer, mit dem mich eine enge Partnerschaft bis zu seinem Tod verbunden hat. Seinem Willen entsprechend ging sein intellektuelles Eigentum, darunter sein Viable System Model und seine Syntegrationsmethode, an mich über und wird seither durch meine Organisation verfügbar gestellt.

Im deutschsprachigen Raum waren es an der Hochschule St. Gallen mein Lehrer Hans Ulrich und Walter Krieg, die Schöpfer des St. Galler Management Modells erster Generation, auf dem wiederum die von mir gemeinsam mit Peter Gomez und Karl-Heinz Oeller in den frühen 1970er Jahren entwickelte sogenannte Systemmethodik beruht. Auch auf diesen Grundlagen steht das Malik Management Zentrum St. Gallen, wo bis heute die Weiterentwicklungen des Ganzheitlichen Malik Management Systems vorangetrieben, praktisch erprobt und in die Praxis der Wirtschafts- und Gesellschaftsorganisationen gebracht wird.

Es freut mich daher besonders, dass sich Wolfgang Mewes im Jahre 2008 entschloss, mir sein Lebenswerk zur Weiterführung anzuvertrauen. Seine EKS, mit der ich seit Langem, schon aus den frühen Hochschuljahren vertraut bin, ist inzwischen sowohl ein „Solo“- als auch ein „Orchesterinstrument“ in meinem Gesamtkonzept der Malik Ganzheitlichen Management Systeme(r).

Die Besonderheit der EKS liegt darin, dass sie explizit auf Spezialisierung in einer ganz bestimmten Form zielt, nämlich Spezialisierung auf die von Mewes sogenannten Engpassfaktoren. Die methodischen Schritte der EKS führen verlässlich zu genau jenen „neuralgischen“ oder kritischen Punkten im System, die die eigentlichen Stellhebel zum Geschäftserfolg unter den Bedingungen höchster Komplexität sind.

Die kritischen Engpässe können in ganz unterschiedlichen Formen auftreten und sind damit selbst ein Beispiel für Komplexität, weil sie potentiell die ganze Breite möglicher Eingriffe in ein System umfassen, also nicht etwa nur, wie bei den seit einigen Jahren modernen Shareholder – und Wertsteigerungs-Strategien, auf die finanziellen Faktoren beschränkt sind, oder etwa auf Marketing- und Produktionsaspekte oder wie viele andere Strategien vorwiegend bei Motivation- und Unternehmenskulturfragen ansetzen.

Das gezielte Eingreifen bei den EKS-Engpassfaktoren zeigt immer dasselbe Grundmuster, nämlich eine häufig sofort eintretende, fast explosionsartige Wirkung zum Besseren. Manchmal sind die Engpassfaktoren vergleichbar mit angezogenen Handbremsen, deren Lösen allein schon die Kraft des Motors zu sofortiger voller Entfaltung bringt. In anderen Fällen ist der Effekt wie die Verabreichung eines im Organismus fehlenden Wirkstoffes, wie etwa eines Enzyms oder Vitamines.

Die mit Abstand besten Wirkungen stellen sich aber dann ein, wenn der Engpassfaktor nicht eine Brems- oder Mangelerscheinung ist, sondern eine bislang nicht entdeckte Stärke. Die Konzentration aller Kräfte und Mittel auf die Engpass-Stärke führt zu den sensationellsten und am längsten andauernden Erfolgen und regelmässig zu uneinholbaren Leistungsvorsprüngen und Konkurrenzvorteilen. Daraus wiederum entstehen beinahe von allein, nämlich selbstorganisierend, jene erfolgskritischen Wirkungen, wie Alleinstellung, Unverwechselbarkeit und Einzigartigkeit.

Zwei Beispiele für dynamische Spezialisierung

Die beiden folgenden Beispiele aus der frühen Automobilbranche zeigen das Potential der EKS und ihres Prinzips der dynamischen Spezialisierung. Vordergründig scheinen es zwei gänzlich konträre Fälle zu sein, jedoch treffen sie sich bei denselben EKS-Funktionsprinzipien, woran man auch sehen kann, wie umfassend und breit die Anwendungsmöglichkeiten von kybernetischen Lösungen ist.

  1. Der Pionier des Massenautomobilbaues, Henry Ford I., wurde als Unternehmer berühmt, reich und mächtig durch eine Strategie der radikalen Komplexitätsreduktion. Seine Business Mission wurde berühmt und lautete: „Bei mir kann jeder sein eigenes Auto bekommen, vorausgesetzt es ist schwarz und heisst Modell T“. Ford sah den Engpassfaktor zum Erfolg in der damaligen Autoindustrie in der Zersplitterung der Modellpolitik. Konsequent trieb er die Spezialisierung zum Extrem, und baute als erster und einziger nur ein einziges Modell, eben den berühmten Ford Model T, der nur in schwarzer Farbe zu bekommen war, und auch Jüngeren aus Gangsterfilmen über die damalige Zeit bekannt ist. Henry Fords Spezialisierungs-Strategie hatte sensationellen Erfolg. Mit ihr revolutionierte er die damalige Autobranche von Grund auf, sowohl ihre Fertigungstechnik mit dem Fliessband, als auch die Kosten- und Preisstruktur und es gelang ihm, damit das Auto zum Massenprodukt für fast jedermann und sein Unternehmen zum unangefochtenen Marktführer zu machen. Ford löste also die Komplexitätssituation auf seine eigene, damals geniale Weise. Diese Strategie war die herausragende Stärke von Ford. Gleichzeitig war sie aber auch das Programm für seinen Niedergang, weil er die zweite Seite von Komplexität übersah, nämlich Erhöhung von Komplexität statt Reduktion. Henry Ford versäumte den Punkt der dynamischen Anpassung seiner Spezialisierungsstrategie. Keine Strategie hält für die Ewigkeit, weil sich gerade durch die Wirkung des Strategieerfolges selbst die Anwendungssituation für die Strategie ändert. Die Dynamiken der durch die Strategie ausgelösten Veränderungen erzwingen eine ebenso dynamische und unter Umständen radikale Änderung der Strategie selbst, weswegen wir die EKS eben als Strategie der dynamischen Spezialisierung bezeichnen, um sie herauszuheben aus den zahlreichen Sackgassen-Spezialisierungen.
  1. Der Mann, der das verstanden hatte, war Chef der Konkurrenz­firma, durch die die Ford Motor Company aus eigenem Versäumen schliesslich beinahe in den Bankrott getrieben wurde. Der Mann war Alfred P. Sloan, zuerst CEO und später Präsident von General Motors von 1920 – 1956. Zu Beginn der 1920er-Jahre musste Sloan aus einer hoffnungslosen Marktsituation heraus gegen die übermächtige Ford-Company antreten, die mehr als 60 Prozent Marktanteil hatte, zu unschlagbar niedrigen Kosten produzierte und dementsprechend enorme Gewinne machte. Sloan war sich voll bewusst, dass er Ford nicht mit dessen eigener Strategie angreifen konnte. Was Ford tat, konnte nämlich wegen seiner Spezialisierungserfahrung niemand besser als Ford selbst. Alfred Sloan war sich ebenso bewusst, dass auch sein Erfolg in der Spezialisierung liegen würde, dass also auch GM eine herausragende Stärke entwickeln musste, um erfolgreich zu sein. Sloan tat aber etwas komplett anderes als Ford, indem er seine Spezialisierung auf einer höheren Ebene anwendete, nämlich auf der Fähigkeit des Unternehmens, das Gegenteil von Ford zu tun, nämlich Komplexitätserhöhung zuverlässig zu managen.Als erster Manager setzte Alfred Sloan gezielt auf die Nutzung von Komplexität durch deren Vermehrung, nämlich auf die Vielfalt des Angebots. Wenn man bei Ford nur ein Modell kaufen konnte, so konnte man bei General Motors Dutzende und schliesslich Hunderte von Modellen bekommen.Darin lag seine dynamische Spezialisierung, die gerade nicht das Kopieren von Ford war, sondern das Gegenteil davon. Getreu den kybernetischen Gesetzen des Funktionierens und der Wirksamkeit spezialisierte Sloan sein Unternehmen ebenso extrem wie Ford, aber auf etwas ganz anderes, indem er das Unternehmen zum Spezialisten für den professionellen Umgang mit Vielfalt machte. 

    Diese Strategie war zwar zunächst teuer, anspruchsvoll und ungewöhnlich – dafür aber extrem erfolgreich. Sie erforderte gänzlich neue Organisations-Strukturen, nämlich die Divisionalisierung, sowie eine neue Marktpolitik, nämlich die Erfindung des Gebrauchtwagenmarktes. Sie erforderte Marktforschung, die Ford überflüssig erschien, und sie machte eine zyklische Modellpolitik erforderlich. Ihr Ergebnis war für General Motors aber ein Siegeszug ohnegleichen für rund 60 Jahre, nämlich der Aufstieg zum weltgrössten produzierenden Unternehmen, zum Markt- und Gewinnführer.

Diese zwei klassischen Beispiele wähle ich, weil hier die beiden Grund­strategien im Umgang mit Komplexität gut sichtbar sind: Einerseits Reduktion von Komplexität und andererseits Vermehrung von Komplexität. Nur vordergründig geht es in diesen Beispielen um die Sortimentsbreite der Automodelle als solche. Das dahinterliegende und für viele ohne die nötigen Kenntnisse schwer erkennbare Prinzip der generellen Strategie des Managements von Komplexität an sich, mit der ich mich bereits in meiner Habilitationsschrift befasste. Sortimentsgestaltung, heute Standard, ist in diesem Beispiel lediglich eine von vielen Erscheinungsformen für die Realisierung der Komplexitätsstrategie.

Damals war das Auto ein Transportmittel und noch nicht Aus­druck von Lifestyle. Das änderte sich mit der Vielfalt des Angebo­tes von Ge­neral Motors aber immer schneller. Ford selbst er­kannte die Ge­fahr nicht, die ihm aus der Vielfalt erwuchs. Er war auf seinen Erfolg fixiert und blind für Alternativen.

Die Überlegenheit von General Motors lag nicht in der Automobil-Konstruktion als solcher. Beide Unternehmen, Ford und GM, konnten mehr oder weniger gleich gut mit Stahl und Mechanik umgehen. Der entscheidende Unterschied war die Vielfalt. Im Grunde war es gar nicht wichtig, worin sich die Vielfalt aus­drückte. Ob Modelle, Preisklassen, Farben und schon bald die Ausstattung, das alles war nicht wirklich entscheidend. Wesentlich war, dass es plötzlich Wahlmöglichkeiten als Alternativen zum Einheitsmodell von Ford gab.

Erfolg vom Start weg: Von der Alten in die Neue Welt

So wie die anderen kybernetischen Management-Approaches konnte die EKS vom Start weg zum Teil spektakuläre Ergebnisse vorweisen. Heute so renommierte und anhaltend erfolgreiche Unternehmen wie Kärcher und Würth schreiben nebst anderen Ursachen ihre Erfolge der systematischen Anwendung der EKS zu. Auch Hermann Simon kommt in seinen Untersuchungen der sogenannten Hidden Champions zum Ergebnis, dass sich ein spezielles Muster für den Erfolg gehäuft finden lässt, nämlich der Einsatz der EKS.

Die Erfolge waren richtungsweisende Vorboten der Grossen Gesellschaftlichen Transformation, wie ich sie nenne, nämlich dem Übergang von einer Alten Welt zu einer Neuen Welt, wo sich etwa am Beispiel der Weltwirtschafts-Krise von 2008 mit aller Deutlichkeit zeigt, wie dramatisch die herkömmlichen Methoden und Instrumente der Unternehmensführung versagen, weil sie der Komplexität der globalisierten Systeme nicht gewachsen sind.

Die grosse Zeit der EKS und überhaupt des kybernetischen Managements steht noch bevor und kommt jetzt mit der Komplexifizierung der globalen Gesellschaft. Kybernetisches Management steht für eine Neue Welt. In der Alten Welt des 20. Jahrhunderts errangen die Anwender kybernetischer Verfahren, wie der EKS, zwar Weltrangstellung, aber sie wäre dafür nicht unbedingt nötig gewesen, weil man auch mit herkömmlichen Methoden durchaus erfolgreich sein konnte. Hingegen lässt die Komplexität des 21. Jahrhunderts keine Wahl mehr. Entweder man lernt, Komplexität zu meistern, was ohne kybernetische Tools nicht möglich ist, oder man geht unter.

Erfahrene Führungskräfte unter den Managern, mit denen ich seit mehr als 30 Jahren fast täglich zu tun habe, sehen in der Regel sofort, dass sie durch das Verständnis von Komplexität einen neuen Zugang zu Management haben. Was sie irgendwie schon immer gespürt haben, wird für sie plötzlich fass­bar, wenn sie die Gesetze der Kybernetik und die Dynamik komplexer Systeme kennenlernen. Dann tun sich ihnen ganz neue Möglichkeiten auf, das Unter­nehmen zu lenken, zufriedene Kunden zu gewinnen und der Konkurrenz entscheidend vorauszu­kommen.

Im 21. Jahrhundert kann man Komplexität nicht mehr reduzieren, wie das manche fordern. Dieser „Zug“ ist abgefahren, denn wir sind definitiv in der Welt der Komplexität angekommen. Wer mit ihr umgehen kann, hat enorme Vorteile, und bei richtiger Anwendung sind diese nachhaltig und bewirken einen uneinholbaren Konkurrenzvorsprung.

Die Maxime der Neuen Welt heisst: Nutze die Komplexität! Denn so gut wie alle Erfolge in Natur und Technik resultieren aus intelligenter Nutzung von immer höherer Komplexität, während Reduktion von Komplexität diese Erfolge verhindert bzw. ruiniert. Alle fortgeschrittenen Leistungen von Organismen kommen aus mehr Komplexität. Höhere Fähigkeiten erwachsen nur aus mehr Komplexität, formuliert etwa der deutsche Biologen Karsten Bresch trefflich.

Für die Natur und ihre Evolution gilt das ebenso wie für die von Menschen gemachte Welt. So sind Gotische Dome komplexer als ihre Vorläu­fer, die Romanischen Kirchen. Das Auto ist komplexer als die Pferdekutsche, und der Computer hat mehr Komplexität als alle früheren Büromaschinen zusammen. Jeder Erfolg ist ein weiterer Schritt nach oben auf der Stufenleiter des Meisterns von Komplexität. Für den Manager des 21. Jh. ist Komplexität der Stoff, mit dem er das Überleben seiner Firma sichert und neue Erfolge schmieden kann, vorausgesetzt er beherrscht die kybernetischen Gesetze des Funktionierens, denn in der Neuen Welt ist Wissen wichtiger als Geld und Information wichtiger als Macht.

Obwohl wir im Komplexitätszeitalter längst angekommen sind, können das bei weitem nicht alle erkennen. Vielen fehlt daher die nötige Orientierung, um sich in der Komplexitätsgesellschaft zurechtzufinden. Sie erkennen im Neuen nur das Alte und richten ihr Handeln daher exakt falsch aus.

Beispiel dafür ist die Krise, die in der zweiten Hälfte 2008 in das Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit gedrungen ist und das beherrschende Thema in den Medien wurde. Die Voraussetzungen für diese Krise sind aber viel früher entstanden und waren längst vorhanden, nur konnte man diese mit herkömmlichen Mitteln nicht feststellen. Die kybernetischen System-Analysen, die ich seit Mitte der 1990er Jahre regelmässig durchführte und publizierte, zeigten früh und deutlich das Heraufziehen des Krisen-Sturmes und die immer gefährlicher werdenden Bruchzonen, die durch komplexitätsarme, untaugliche Management-Methoden und daraus resultierende falsche Strategien im globalen System entstanden. Mit ganzheitlichen Methoden zeichnete es sich früh ab, dass ohne radikales Umdenken die herkömmlichen eindimensionalen, primär auf Geld fixierten Denkweisen zu einer katastrophalen Fehlsteuerung der Wirtschaftsunternehmen führen würden.

Die heutige Realität beweist das. So sind der Massen-Zusammenbruch renommiertester Banken und die damit verbundenen Verluste von Hunderten von Milliarden ebenso Folge falscher Strategien, wie die 60 Mia Kapitalvernichtung durch den früheren Vorstandvorsitzenden als Folge der Daimler-Chrysler Fusion, von der ich 1999 in Anwesenheit von Vorständen abgeraten hatte, weil diese Strategie aus Komplexitäts- und kybernetischen Gründen so gut wie keine Chance auf Erfolg hatte. Zu solchen fast immer zutreffen Ergebnissen kommt man durch die Analyse der System-Kybernetik und der dadurch hervortretenden Hyper-Komplexität sowie der relativ dazu regelmässig mangelhaft entwickelten Management-und Lenkungs-Systeme.

Unterentwickelte Management-Systeme und falsche Strategien sind Kernursachen der aktuellen Krise. Deswegen ist diese keineswegs eine blosse Finanzkrise, wie eine Mehrheit glaubt und sie geht auch weit über eine Wirtschaftskrise hinaus, die man zu Beginn gar nicht für möglich hielt.

In Wahrheit haben wir eine Komplexitätskrise, nämlich den Kollaps der herkömmlichen gesellschaftlichen Regulierungs- und Management-Systeme, die der globalen Komplexität nicht mehr gewachsen sind. Bildlich gesprochen wäre eine blosse Finanzkrise der Zusammenbruch des Blutkreislaufes. Was wir hingegen erleben, ist etwas viel Schlimmeres, nämlich der Kollaps des Zentral-Nervensystems, das heisst, der Fähigkeit der gesellschaftlichen Organisationen zu Selbstregulierung und Selbstorganisation.

Den Prozess der weltweiten Komplexifizierung kann man, wie erwähnt, nicht rückgängig machen. Im Dschungel der vernetzten, dynamischen Systeme kann man aber richtig oder falsch handeln. Um das Richtige mit grösster Wirksamkeit zu tun, ist die EKS eine der effizientesten Lösungen, weil sie mit kybernetischen Mitteln ein meisterhaftes Nutzen von Komplexität durch dynamische Spezialisierung ermöglicht.

Ihre volle Kraft kann die EKS zeigen, wenn sie im Verbund mit anderen kybernetischen Management-Lösungen angewandt wird, wie das im Kontext meiner Ganzheitlichen Malik Management-Systeme® geschieht, wo die EKS als Teil des umfassenden kybernetischen Gesamtlösungssystems für zuverlässiges Funktionieren unter komplexen Bedingungen auftritt. Mehr dazu im zweitletzten Abschnitt.

Kybernetik – verlässliches Funktionieren

Bisher habe ich Kybernetik und Komplexität verwendet ohne diese zu erklären. Ein paar Informationen dazu sind aber nötig, wenn man die Hintergründe der Erfolgs-Wirkung der EKS und überhaupt die Neue Welt verstehen will. Das ist umso wichtiger, als in den herkömmlichen Management-Ausbildungen an Universitäten und in MBA-Programmen nur selten etwas über komplexe Systeme gelernt werden kann.

Das Wort „Kybernetik“ kommt vom griechischen kybernetes, was so viel wie Steuermann heisst. Der Wortstamm findet sich heute in Begriffen, wie Governor, Gouverneur und Governance. Kybernetik ist also Steu­ermannskunst und erweitert, die Fähigkeit des Steuerns, Regelns und Lenkens und der dafür notwendigen Systemgestaltung. Genau das sind Tätigkeiten mit denen man etwas zum Funktionieren bringt, sodass die Kybernetik auch die Wissenschaft vom Funktionieren ist. Denn ohne Steuerung funktioniert zum Beispiel ein Schiff nicht, sondern es geht „aus dem Ruder“, es gerät out of control.

Einfache Systeme stellen keine Probleme, was ihre Steue­rung, Regulierung und Lenkung – kurz, ihre Kontrolle – betrifft. Ernsthafte Probleme treten auf – dann aber unerbittlich – wenn ein System komplex ist. Was nämlich wirklich unter Kontrolle zu bringen ist, ist also die Komplexität des Systems. Die Kernfragen der Kybernetik sind somit von folgender Art: Wie bringt man die Komplexität eines Systems unter Kontrolle? Wie steuert und reguliert man ein System, wenn es komplex ist? Wie muss die Struktur oder Architektur eines Systems beschaffen sein, damit man seine Komplexität überhaupt unter Kontrolle bringen kann?

Das gilt für technische Geräte genauso wie für Unternehmen, denn beide sind Systeme. Aus diesem Grunde ist es unerlässlich, dass Führungskräfte ein ausreichendes Verständnis für Komplexität und Kybernetik gewinnen, – und je höher man im Laufe seiner Karriere kommen will, desto vertiefter muss dieses Verständnis sein. Kompetente Erfüllung insbesondere der Top Management-Aufgaben hängt unmittelbar von der Fähigkeit ab, mit Komplexität virtuos umzugehen.

Einen Teil ihrer enormen Leistungsfähigkeit zeigt die Kybernetik in der Technik. Ohne Kybernetik gäbe es weder Computer noch Flugverkehr oder Satellitentechnik. Es gäbe keine Elektronik und keine Informatik. Das sogenannte Intelligente Auto mit seiner ganzen Sensorik und seinen hochentwickelten Sicherheits- und Steuerungssystemen, von ABS bis zu 360 Grad Radartechnik ist ein Paradebeispiel für die Anwendung von Kybernetik in der Technik für sich selbst-organisierende und selbst-regulierende Driver Assistant Systems.

In der Technik sind wir also seit geraumer Zeit in der Neuen Welt. In Organisation und Management haben jedoch nur die besten Unternehmen und Organisationen bisher die durchschlagenden Stärken der Kybernetik genutzt. Wäre zum Beispiel in der untergegangenen Swissair das Unternehmen selbst ebenso gemanagt worden, wie der Einsatz der Flugzeug-Flotte, dann hätte das Unternehmen keinen Schaden nehmen können, weil es jederzeit unter Kontrolle gewesen wäre. Und wäre Daimler die Fusion mit Chrysler auch so kybernetisch angegangen, wie das oben erwähnte Intelligente Auto, das zu einem grossen Teil von Daimler erfunden wurde, dann hätte man diesen gar nicht erst versucht und wäre heute um die erwähnten 60 Milliarden bessergestellt.

Aus der Sicht der Komplexität von Systemen ist somit jeder Manager, ob er will oder nicht, und ob er es weiss oder nicht, ein kybernetes – also ein Steuermann, und nicht von ungefähr nennt man die Führungskräfte der obersten Ebene populär als Unternehmens-, Konzern und Staatslenker. Was nicht jeder weiss, ist, dass es eine Wissenschaft gibt, die ihm bei der Erfüllung seiner Aufgaben helfen kann, – und dass das nicht – wie die meisten glauben – in erster Linie die Be­triebswirtschaftslehre oder die Wirtschaftswissenschaften sind, sondern die Komplexitätswissenschaften Kybernetik und Systemik, sowie immer mehr die Bionik. Ob ein Manager ein guter oder schlechter Steuermann ist, hängt ab von seinem Kenntnisstand über Kybernetik.

Komplexität verstehen

Nun fehlt noch ein kurzer Blick auf Komplexität selbst, um alle Elemente und das Ganze zu verstehen. Der Schlüssel zum Erfolg in den beiden Autobeispielen war, wie erinnerlich, die je unterschiedliche Spezialisierungslösung im Umgang mit Komplexität. Im Falle Ford war es die Spezialisierung auf die Reduktion der Komplexität auf ein einziges Modell auf der Sachebene des Autogeschäftes. Im Falle General Motors war es hingegen die Spezialisierung auf der übergeordneten Regulierungsebene, nämlich auf die Fähigkeit des Managements mit Komplexität selbst immer besser fertig zu werden, also eine erste Stufe der Anwendung von Kybernetik.

Die meisten Menschen haben zwar ein intuitives Verständnis für Komplexität. Diese scheint irgendwie zusammenzuhängen mit schwierig, unverständ­lich, undurchschaubar, unerklärlich und kompliziert. Im Alltag ist dieses intuitive Verständnis häufig ausreichend. Hingegen reicht das nicht für das nötige Verstehen von Komplexität im Management und für die Komplexität von vernetzten, dynamischen Globalsystemen.

Führungskräfte benötigen insbesondere für höhere Managementaufgaben und gar für die grossen Leadership-Herausforderungen ein vertieftes Verständnis von Komplexität. Denn Management ist im Kern, wie erwähnt, gerade durch das Meistern von Komplexität definiert, also durch die Fähigkeit, selbst in komplexesten Situationen erfolgreich zu handeln und komplexe Systeme zweckorientiert zu lenken, diese also in erwünschte Richtungen zu steuern und ihr Verhalten so lenken, dass bestimmte Ziele erreicht werden. Denn aus kybernetischer Sicht bedeutet Management bekanntlich, ein komplexes System unter Kontrolle zu bringen und es unter Kontrolle zu halten.

Was also ist Komplexität? Auf den einfachsten Punkt gebracht: Komplexität ist die grundlegendste Eigenschaft der Welt, nämlich Vielfalt. Komplexität ist sozusagen Vielfalt pur. Zwar tritt Komplexität, ähnlich wie Leben, in einer Fülle von konkreten Erscheinungsformen auf, zum Beispiel in Form von Variati­onen, Varianten und Alternativen, von Unter­schieden und Unterscheidungen und von einer ständig steigenden Flut an Optionen, also an Wahlmöglichkeiten, die jene Menschen zu überfordern drohen, die mit Komplexität nicht umgehen können, wie der St. Galler Soziologe Peter Gross in seinem Besteller, „Die Multioptionsgesellschaft“ scharfsinnig beschreibt. In den zahlreichen Erscheinungsformen steckt jedoch immer das allgemeine, invariante Phänomen der Vielfalt, also der Komplexität.

Komplexität kann gemessen werden, und zwar im Kern ganz einfach. Die Pionierarbeit dafür leistete der englische Neurologe W. Ross Ashby. Die Mess­grösse von Komplexität nennt er Varietät. Seine Definition lautet: Varietät ist die Anzahl der möglichen unterscheidbaren Zustände eines Systems. Etwas ge­nauer: Varietät ist die Zahl der möglichen unterscheidbaren Zu­stände, die ein System annehmen oder produzieren kann. Darin steckt die Dynamik von Systemen, nämlich Varietätsentfaltung über die Zeit. Beispiele dafür sind das Samenkorn, aus dem über die Zeit ein komplexer Baum wird; der Embryo, der zu einer hochdifferen­zierten, komplexen Persönlichkeit heranwächst; und das kleine Start- up-Business, das sich zum Weltkonzern komplexifiziert, wie Microsoft.

Eine letzte Frage ist wichtig: Woher kommt Komplexität? Die Ursachen für Komplexität und im Besonderen für das Wachstum von Komplexität, also für den Prozess der Komplexifizierung, liegen in zwei Aspekten, nämlich einerseits in der Anzahl jeweils vorhandener System-Elemente und andererseits insbesondere in deren Wechselwirkung.

Ein Beispiel macht das verständlich. Zwischen zwei Personen, etwa Vater und Tochter, gibt es nur zwei verschiedene Beziehungen, nämlich die Beziehung vom Vater zu Tochter und umgekehrt. Zwar kann sich der Charakter, die „Ladung“, der beiden Beziehungen immer wieder ändern, zum Beispiel von Frieden zu Streit, immer jedoch bleiben es die Vater-Tochter-Beziehungen.

Zwischen drei Personen gibt es nun nicht etwa drei Beziehungen, wie häufig vorschnell geschlossen wird, sondern bereits deren sechs, was man selbst mit einem Beziehungsdiagramm leicht nachvollziehen kann. Haben wir vier Personen, so gibt es schon zwölf und zwischen zehn Personen gibt es bereits neunzig Beziehungen. Die Zahl der Beziehungen steigt also dramatisch schneller als die Zahl der Personen. Die Beziehungen zwischen zwei Personen kann man noch gut verstehen, analysieren und gestalten. Die Beziehungsvielfalt zwischen zehn Personen stellt hingegen ganz andere Probleme und nach geringfügiger weiterer Erhöhung der Personenzahl wird es unmöglich, deren Beziehungsgeflecht zu verstehen.

Ich erwähnte, dass jede dieser Beziehungen verschiedene Zustände oder „Ladungen“ haben, jede der Beziehungen kann unter Kontrolle sein oder nicht, jede kann systemerhaltend oder systemzerstörend sein, kommuni­kationsfördernd oder -hindernd. In diesen Dingen steckt die Systemkomplexität. Je mehr Zustände ein Sys­tem hat, aufweisen oder produzieren kann, umso komplexer ist das System und desto mehr braucht man Kybernetik, um es zu verstehen und erfolgreich zu lenken.

Selbst-Regulierung und Selbst-Organisation: Control of High Complexity-Systems

Der letzte Schritt für ein profundes Verstehen von Kraft und Nutzen von EKS führt zu den besten Systems-Controls, nämlich den Selbst-Konzepten, wie ich sie nenne, also zu Selbstorganisation und Selbstregulierung. Je komplexer ein System ist, umso grösser ist sein Verhaltensspektrum, umso variantenreicher kann es grundsätzlich auf Umweltveränderungen im Markt, bei den Kunden, Lieferanten, gegenüber den Konkurrenten, im politischen Bereich usw. reagieren. Je komplexer es ist, desto mehr Möglichkeiten gibt es aber auch, dass das System aus dem Ruder geht. Es wird also dementsprechend schwie­riger und anspruchsvoller, das System unter Kontrolle zu halten.

Schach ist ein gutes Beispiel, weil es eines der komplexesten Spiele ist. Am Anfang und am Schluss eines Spieles ist die Zahl der Züge zwar deutlich begrenzt. Solange das Spiel aber in vollem Gange ist, gibt es für jeden der beiden Spieler eine enorm grosse Zahl von Möglichkeiten, auf die jeweils gegnerischen Züge zu ant­worten. Einerseits ist Schach wegen seiner Komplexität interessant, denn bekanntlich verlaufen keine zwei Schachpar­tien gleich. Andererseits macht Komplexität das Spiel aber auch schwierig und an­spruchsvoll, denn die Anzahl der möglichen Züge im Schachspiel beträgt 10155. Für mathematisch weniger Interessierte: Das ist eine Zehn mit 155 Nullen. Zum Vergleich: Die Zahl der Sterne in unserer Milchstrasse schätzt man auf 1011, was deutlich weniger ist als die Zahl der Schachzüge.

Es ist also die astronomisch grosse Zahl möglicher Zustände, die komplexe Systeme prinzipiell produzieren können, die ihre Steuerung und Regulie­rung zu einem Problem machen.

Wie löst die Natur dieses Problem? Wer oder was steuert, regelt und kontrolliert ihre komplexen Systeme? Natürliche Systeme haben keine Regler, sie regeln sich selbst. Sie haben keine Organisatoren, sie organisieren sich selbst. Zwei der wichtigsten kybernetischen Prinzipien der Natur sind Selbstregulierung und Selbstorganisation. Es sind universelle Architektur- und Funktionsgesetzmässigkeiten der Natur.

Der Gedanke liegt nahe, diese Grundprinzipien auch bei technischen, wirtschaftlichen und sozialen Systemen zu suchen – und umgekehrt – sie auch auf diesen Gebieten anzuwenden. So sind es zum Bespiel kybernetische Fortschritte auf dem Gebiet der Regelungstechnik, die es ermöglichen, den Autofahrer dadurch zu entlasten, dass er viele Vor­gänge, die er früher selbst zu überwachen und zu steuern hatte, den elek­tronischen Regulierungssystemen seines Fahrzeuges überlassen kann, z.B. dem ABS. Noch ausgeprägter zeigt sich das im Flugverkehr, wo es ein of­fenes, wenn auch von Piloten nicht gerne gehörtes Geheimnis ist, dass Flüge mit modernen Maschinen heute im Grunde selbstregulierend sein könnten, und die Risiken nicht mehr in der Technik, sondern beim Men­schen liegen.

Bei den Systemen der Natur sind Selbstregulierung und Selbstorganisation Fähigkeiten, die in ihrer Struktur eingebaut sind. In den von Menschen geschaffenen Systemen, seien es technische oder soziale Systeme, kommen Selbstre­gulierung und Selbstorganisation meistens nicht von allein vor; sie müssen vielmehr gezielt „hineinorganisiert“ werden. Ihr Design muss bewusst und systematisch an den kybernetischen Funktions-Prinzipien orientiert werden. Die Grundstrategie kybernetischen Managements lautet somit: Organisiere das Unternehmen so, dass es sich so weit wie möglich selbst organisieren und selbst regulieren kann.

EKS-Kraft vervielfachen durch die Ganzheitlichen Malik Management Systeme®

Nun kann ich den Bogen zur EKS schliessen. Exakt dafür, nämlich für die Implantierung von kybernetischer Selbst-Organisation und Selbst-Regulierung in Hoch-Komplexitätssystemen ist die EKS und ihre Spezialisierungsstrategie eine der Powermethoden, was allerdings selbst Freunde und Anwender der EKS nicht immer deutlich genug sehen, aber von Wolfgang Mewes von Anfang an systematisch beabsichtigt war.

Eine Spezialisierungs-Strategie, die nach den Gesetzmässigkeiten der EKS entwickelt wurde, implantiert ein Prinzip, ein Master Control, wie ich es in meinem Buch über Unternehmenspolitik nenne, welches alle anderen Abläufe und Aktivitäten im Unternehmen sozusagen in sein „Magnetfeld“ zieht, wodurch die Geschäftstätigkeit des Unternehmens sich um die Spezialisierungs-Logik herum selbst-organisiert und selbst-reguliert.

In der Systemtheorie gibt es den Begriff des sogenannten „Strange Attractors“, der das Systemverhalten gewissermassen in seinen Bann zieht und auf demselben Grundgedanken beruht das Prinzip der Selbstorganisation als Kernstück der Synergetik des deutschen Physikers Hermann Haken, der damit die Lasertechnik erfunden hat.

Es ist das Funktionsprinzip der Selbst-Organisation, das die EKS so wirksam macht, und zwar gerade dort, wo sie am meisten gebraucht wird, nämlich wo die Erfolgschancen minimal sind, etwa im Anfangsstadium eines Startup-Geschäftes oder bei kleinen Unternehmen, die sich im undurchschaubaren Komplexitätsdschungel der Wirtschaft gegen übermächtige Konkurrenten durchsetzen müssen, wie es zum Beispiel bei Würth und Kärcher in ihren Anfängen vorbildlich gelungen ist.

Die EKS bringt durch ihre fast neurochirurgische Präzision die Kräfte des Unternehmens punktgenau auf den Engpassfaktor, auf genau jenen Punkt also, der das grösste Hindernis für den Erfolg ist, oder genau jene Stärke, die die grösste Hebelwirkung hat. David gegen Goliath ist das klassische biblische Beispiel.

Die EKS vervielfacht ihre Wirkung noch einmal, wenn sie im Verbund mit dem Malik Gesamtsystem eingesetzt wird, und zwar durch die synergetische Kombination der Wirkungen aller kybernetischen Lösungen, die in den folgenden Abbildungen dargestellt sind.

Im Kern werden durch die abgebildeten kybernetischen Lösungs-Tools die nötigen Informationen beschafft, um die EKS-Spezialisierung innert kürzester Zeit zu finden, die ganzheitliche Dynamik des Systems herauszudestillieren, die man für die Spezialisierungsmöglichkeiten kennen muss, die Chancen zu quantifizieren und die Umsetzung der EKS organisatorisch zu verankern und durch Real Time Control zu steuern.

Kybernetische Systeme sind ganzheitlich, adaptiv, lernfähig, reaktionsschnell und multidimensional. Ihre Teile sind untereinander vernetzt und kompatibel, denn sie folgen alle denselben Strukturierungs- und Regulierungsprinzipien. Ihre Informationsströme sind handlungs-synchron. Daher erfolgen Entscheidungen und Lenkungseingriffe in Echtzeit als Real Time Controls. Das sind universelle Grundprinzipien des zuverlässigen Funktionierens.

Diese Eigenschaften und Fähigkeiten sind in den Malik General Management Systemen® vollständig enthalten, weswegen diese universell gültig sind. Das Grundmodell für das General Management System steht als Element Nr. 1 in der Mitte der Abbildung. Dieses steuert als Master Control Einsatz und Anwendung aller anderen Elemente.

Die Malik Systeme sind skalierbar und somit überall und jederzeit modular anwendbar. Solcherart konzipierte General Management Systeme® wachsen mit dem Unternehmen mit und sorgen für stabiles, das heisst gesundes Wachstum zum Unterschied von pathologischem Wachstum, welches ausnahmslos zu Krisen und zum System-Kollaps führt, wie wir es jetzt in der Krisensituation bei immer mehr Teilsystemen erleben.

Für das Strukturieren und Organisieren verwenden wir das so genannte VSM-Viable System Model®, (Nr. 7) das explizit aus dem leistungsfähigsten Control System der Evolution, nämlich dem menschlichen Zentralnervensystem abgeleitet ist. Wie der Name sagt, ist es ein Modell der Lebensfähigkeit.

Im Viable System Model® werden die Existenz-Dimensionen einer jeden Organisation simultan berücksichtigt, und in ein Fliessgleichgewicht gebracht, nämlich die Innen- und Aussenwelt des Unternehmens, sowie dessen Gegenwart und Zukunft. Die Organisations-Struktur des VSM ist die organisatorische Plattform für die Umsetzung einer EKS.

Die Lösung für die Erfassung der ständig dynamisch sich ändernden Aussenwelt-Situation ist im Rahmen meines General Management Systems® ein ausgebautes Teilsystem, nämlich die so genannten Central Performance Controls, (Nr. 2) welche die überlebenswichtigen sechs Schlüsselgrössen für Funktionssicherheit und Performance abbilden. Diese ermöglichen die dynamisch-visuelle Modellierung der relevanten Umwelt des Unternehmens. Es wirkt wie die Sinnesorgane eines Lebewesens, das seine Umgebung ununterbrochen scannt, um auf jede überlebenswichtige Änderung richtig reagieren zu können und sich an die jeweiligen Umstände neu anzupassen. Für die Anwendung der EKS dienen diese Central Performance Controls als Massstab und Messgrössen für die Wirkung im Markt.

Die nötige Information über das System und seine kybernetische Dynamik wird durch unsere sogenannten Sensitivitäts-Modelle®, (Nr. 3) erfasst, ein weiteres kybernetisches Management-Tool, das von Frederic Vester entwickelt wurde und nach seinem Tode im an uns überging. Mit diesen Tools wird das kontinuierliche Testen der Robustheit des Gesamtsystems von Unternehmen und Umwelt, vorgenommen, sowie das Ausprobieren und Simulieren von Lenkungseingriffen auf ihre potenziellen Wirkungen, vor allem ihren Einfluss auf Stabilität und Funktionieren des Systems. Real Time wird erkannt, ob ein Lenkungseingriff system-schwächenden Einfluss hat oder ob die system-erhaltenden Regelkreise angesprochen werden. Mit diesem Tool wird das System in seiner Ganzheit erfasst, für welches die EKS die Engpassfaktoren aufspürt.

Spezielle System-Analysen werden mit der S-Kurven-Analyse (Nr. 4) durchgeführt, insbesondere um Wachstumspotential und Wachstumsgeschwindigkeit herauszufinden und insbesondere auch um gesundes und krankes Wachstum zu identifizieren. Zusätzlich werden die Strategiealternativen quantifiziert mit Hilfe der Forschungsresultate des weltweit grössten empirischen Strategieforschungsprogrammes PIMS® Profit Impact of Market Strategies, das ebenfalls zu meinen Ganzheitlichen Management Systemen gehört.

Lösung Nr. 6, die Methode der Syntegration®, ist die mächtigste kybernetischen Kommunikations-Methode für das Herbeiführen von tragfähiger Meinungs- und Willensbildung mit der optimalen Zahl von Wissensträgern, nämlich 30 Personen, mit welcher innerhalb von 3,5 Tagen alles verfügbare Wissen für den entscheidenden Punkt eingebracht wird, nämlich für die Lösung wichtigsten Schlüsselfrage der EKS im konkreten Anwendungs-Fall.

Eine weitere Lösung, nämlich für überlebenswichtiges Real Time Control, ist der Malik Operations Room – Total Control At Your Finger-Tips® (Nr. 6) Oberflächlich gesehen entspricht dieser einer Einsatzzentrale für hochkritische Operations, die ganzheitlich und kontinuierlich überwacht und gelenkt werden müssen. Die eigentliche Leistung unseres Operations Rooms steckt aber in der Software der gehirngerechten Informations-Verarbeitung, die speziell für die Aufgaben der Unternehmensspitze entwickelt wurde. Der dadurch mögliche Real Time-Informationsfluss ist struktur-, situations- und zeit-koordiniert und führt zu integraler Lenkung eines Unternehmens unter hochkritischen Bedingungen. Der Operations Room ist das «Environment for Top Management Decision Making». Die nach EKS definierte Strategie wird damit kontinuierlich überwacht und wenn nötig angepasst.

Das ebenfalls von Frederic Vester geschaffene Tool Nr. 8 ist die zuverlässigste und schnellste Methode für das Erlernen, Üben und fortgesetzte Perfektionieren von vernetztem Denken. Ohne die Fähigkeit zu vernetztem Denken ist Erfolg in der komplexen und ihrerseits vernetzten Welt nicht möglich, ja nicht einmal das Überleben. Und Element Nr. 9 repräsentiert alle weiteren nötigen Ausbildungs-Tools für das kybernetische Management von Komplexität in allen technologischen Versionen bis hin zu E-Learning Programmen.

Ich freue mich, dass nun auch die EKS in der Symphonie meiner Malik Management Systeme mitwirkt und so das Lebenswerk von Wolfgang Mewes erhalten wird und nutzbar bleibt, und dass dadurch für viele Unternehmen aller Grössenordnungen, besonders für die kleineren, rascher und wirksamer Erfolg möglich ist.

Weil die Neue Welt entstehen will

Die Neue Welt entsteht nicht, weil die Alte Welt zugrunde geht. Systemisch gesehen ist es genau umgekehrt. Die Alte Welt des herkömmlichen Managements geht zugrunde, weil eine Neue Welt des ganzheitlichen kybernetischen Managements schon da ist und sich ausbreitet. Die Bedingungen der Neuen Welt bewirken das Ende der Alten, so wie das Auto den Untergang der Pferdekutsche brachte. Die Voraussetzungen für diese Grosse Transformation sind längst erfüllt und im Untergrund ist sie seit langem im Gange. Die aktuelle Krise schafft jetzt den Zwang zum Umdenken für alle, die den Untergang der Alten Welt überleben und in der Neuen Welt prosperieren wollen, denn die die herkömmlichen Mittel versagen nun so dramatisch, wie eine Schreibmaschine chancenlos gegen den Computer ist. Die Komplexität der heutigen Systeme kann nur mit Kybernetik gemeistert werden. Das folgt aus den Naturgesetzen des Funktionierens.

Das Verschwinden der Alt Welt-Managementsysteme kann man weder mit Geldzufuhr noch mit Konjunkturprogrammen verhindern, denn bildhaft bedeutet dies, einem Alkoholiker Schnaps zu geben, damit er sich besser fühlt. Als Überbrückungsmassnahme kann das der schnelleren Durchsetzung der Neuen Welt helfen, denn nur durch kybernetisches Management können Regierungsprogrammen und Stützungsmassnahmen wirksam in Ergebnisse umgesetzt werden.

Sensationell an den neuen Kybernetik-Tools ist, dass sie gleich mehrere Quantensprünge in neue Dimensionen der Wirksamkeit ermöglichen, und zwar mit einer Geschwindigkeit, die sich viele nicht vorstellen können und daher für unmöglich halten. Mit der Pferdekutsche in acht Stunden in New York zu sein, ist tatsächlich unmöglich. Mit dem Flugzeug geht es aber ganz leicht. Was in der herkömmlichen Welt nicht geht, ist in der neuen Welt normal.